Ich wollte schon lange einmal einen Artikel dem Entzerren von Fisheye-Aufnahmen widmen. An meiner mittlerweile etwas betagten Nikon D90 verwende ich ein Nikkor 10.5mm f/2.8. Das Objektiv ist Format füllend für DX-Kameras mit einem Cropfaktor von 1,5 ausgelegt. Das Sichtfeld beträgt diagonal 180° und die Naheinstellgrenze liegt gemessen von der Frontlinse bei sensationellen 3 cm! Damit lassen sich kleinste Räume erfassen und wirklich sehr ungewöhnliche und interessante Perspektiven zaubern.
Für dieses Tutorial habe ich ein Foto von der Generalprobe eines Steve Swallow Konzerts während des Barga Jazz Festivals von 2010 ausgesucht. Das Nikkor Fisheye ist wie geschaffen für einen so kleinen Theatersaal.
Hier zeige ich zu Beginn die unveränderten Aufnahme der Probe. Besonders starke Verzerrungen finden wir erwartungsgemäß in den Randbereichen des Fotos. Auch eine deutliche Vignettierung tritt hier zu tage. Die Stützen der Emporen weisen eine deutliche Biegung auf.
Korrektur mit PTLens
Ich benutze PTLens von ePaperPress als Plugin in Photoshop. Eine Lizenz kostet umgerechnet lediglich EUR 19,-. Um zu testen, ob die eigene Objektiv-Kamera-Kombination unterstützt wird, kann man mit einer Demo-Version 10 Bilder kostenlos korrigieren.
Bereits nach dem Start des Plugins sehen wir, ob das eigene Objektiv automatisch anhand der Exif-Daten erkannt wurde. Beim Nikkor 10.5 mm ist das zwar nicht der Fall, jedoch ist der Punkt Fisheye bereits aktiviert und ein korrigierter Preview sichtbar. Als erstes aktiviere ich das Raster in der gewünschten Dichte, um die Entzerrung der vertikalen Linien besser beurteilen zu können. Nun kann ich die horizontale und vertikale Verschiebung anpassen (tilt & shift). Die vom Programm vorgegebene Korrektur der Verzeichnung kann auch verändert werden. In meinem Beispiel habe ich aber den Standardwert übernommen.
Als nächstes beschneide ich das korrigierte Bild mit dem Regler Crop und passe die objektiv-spezifische Vignettierung an.
Perspektivkorrektur
Im Reiter Perspektive können die stürzenden Linien korrigiert werden, das gesamte Motiv kann gedreht und gezoomt werden. Der letzte Reiter Chroma. Aberration widmet sich der Korrektur der Farbverschiebungen. Vor allem lange Brennweiten sind von dem Problem betroffen, jedoch auch extrem kurze Brennweiten. Hierbei tritt häufig der Farbquerfehler auf, der Farbränder an nicht radial verlaufenden Kontrastkanten erzeugt. Dieser Fehler ist im Bildzentrum nicht sichtbar, nimmt aber zum Bildrand hin zu. Genau dieses Problem läßt sich im beschriebenen Menüpunkt zum großen Teil beheben. Auch die neueren Versionen von Photoshop (ab CS3) und Lightroom (3.x) bieten hierfür sehr gute Korrekturmöglichkeiten.
Sowohl die vertikalen, als auch die horizontalen Verzerrungen wurden korrigiert. Wenn wir uns jedoch die Personen im Vordergrund genauer betrachten, fallen sofort neue unnatürliche Verzerrungen auf. Je weiter Personen von der Bildmitte entfernt abgebildet sind, desto stärker fällt dieser Effekt nach der Korrektur ins Gewicht. Die Fisheye-Korrektur von PTLens leistet bei reinen Architekturaufnahmen subjektiv gute Dienste, sobald jedoch Personen im Spiel sind, verwende ich eine andere Lösung.
Fisheye Hemi von Image Trends
Bei meiner Recherche bin ich auf das Photoshop-Plugin Fisheye Hemi von Image Trends gestossen. Das besondere an Fisheye Hemi ist der intelligente Algorithmus, der nicht nur ein natürliches und ästhetisch ansprechenderes Ergebnis liefert in dem er Personen im Bild nicht verzerrt, sondern im Gegensatz zu anderen Korrekturprogrammen auch nahezu alle Pixel der vom Fotografen gewählten Ansicht nutzt. Natürlich werden auch die vertikalen Linien begradigt.
Die Anwendung des Plugins ist denkbar einfach. Es gibt 3 Optionen, die je nach genutzter Kamera-Objektiv-Kombination gewählt werden müssen:
- Fisheye-Hemi 1 (Circle)
- Fisheye-Hemi 2 (Full Frame)
- Fisheye-Hemi 3 (Cropped)
Für ein Full Frame-Fisheye wählt man die Option 2 und nach wenigen Sekunden bekommt man das korrigierte Bild. Die Vertikalen sind in unserem Fall nahezu gerade, die Personen im Vordergrund weisen fast keine Verzerrungen mehr auf. Das Ergebnis kann man jedoch ohne großen Aufwand noch weiter verbessern. Hierzu erweitere ich beim Originalbild den Canvas um einen bestimmten Bereich (in meinem Fall um 24%) und startet anschließend wiederum das Plugin mit der Option 2. Das so bearbeitete Bild ist subjektiv wesentlich befriedigender, da die stürzenden Linien im Vordergrund nun deutlich besser korrigiert werden, ohne die Personen im Bild zu beeinträchtigen. Sicherlich könnte hier mit etwas zusätzlichem Feintuning noch mehr erreicht werden, für das Tutorial soll das Ergebnis aber einmal genügen.
Fazit
PTLens ist ein Allrounder, der bei normalen Objektiven äußerst zufriedenstellende Ergebnisse liefert. Lediglich in der Korrektur von extremen Objektiv Brennweiten im Fisheye-Bereich muss sich das Programm dem Spezialisten von Image Trends geschlagen geben. Mit PTLens gehen, wie bei vielen anderen Korrektur Programmen auch, im extremen Brennweitenbereich zu viele Bildinformationen verloren.
Fisheye Hemi kann hier mit einem komplexen Algorithmus nahezu alle Bildinformationen erhalten und zudem Personen wesentlich natürlicher abbilden. Auf diese Weise entsteht eine neue Bildästhetik, die man nicht so oft zu Gesicht bekommt.
Update: weitere Beispiele für Fisheye Fotos
3 comments
Hallo, wollte nur sicher gehen: das hemi 2 plug in gibts auch für lightroom? – sicher?
Hallo! Das Plugin gibt es nur für Photoshop.
Stand 2020-03-15: Gibts es jetzt auch für Lightroom!
Funktioniert wunderbar und wird in der Exportfunktion mit implementiert.
Bild entwickeln und dann direkt mit diesem tool exportieren. Landet selbstverständlich neben dem Rawbild in der LR Galerie :-).
Dauert auf meinem Rechner auch nur wenige Sekunden pro Bild.